Samstag, 1. Januar 2011

Lichtblick #10: Steve Perry´s Abschied von Journey - Balladen für die Ewigkeit - "Trial by fire"



Journey, AOR-Liebhabern der Inbegriff für traumhafte Bombastballaden oder Rockhymnen der Superlative, sind derzeit mit ihrem jetzigen Frontmann Arnel Pineda nach wie vor im Geschäft - und zählen nach wie vor zu den Größen und Urgesteinen der AOR-Szene . Um Steve "The Voice" Perry ist es derweil sehr ruhig geworden - er habe sich zur Ruhe gesetzt.

Journey-Fans dürfte es mächtig im Herzen geschmerzt haben, dass es nach der gefeierten Wiedervereinigung zu dem neuen Album "Trial by fire" 1996 keine Tour gibt - Perry zog sich eine Verletzung zu, der ihn an einer Teilnahme hinderte. Die Band entschied sich letztlich dafür, ohne Perry weiterzumachen und wechselte einige Sänger durch, bis sie nach Steve Augeri, Jeff Scott Soto eben Arnel Pineda zu ihrem Frontmann auserwählen, der sich bis dato wacker schlägt.

Eingeschworene Journey-Fans halten jedoch ihrem damaligen Idol die Treue. Und auch, wenn "Trial by fire" zeitlich bedingt damals der große Erfolg verwehrt blieb - die Zeit des AORs war vorbei, die Tour kam erst schleppend und dann ohne Perry in Fahrt - so serviert sie Fans des Genres großes Gefühlskino mit toller Instrumentalisierung. Ich würde so weit gehen, dass es von den zahlreichen und grandiosen Journey-Alben das wohl am besten Produzierte ist. Balladen konnten Journey schon immer (Faithfully, Open arms), aber was "Trial by fire" zu bieten hat, ist atemberaubend. Ein feierlicher Abgesang auf das Genre und ein durch und durch melancholisch anmutender letzter großer Auftritt von Steve Perry.

Message of love: Ein toller Opener. Der Song hat es noch auf die Essentials-Platte geschafft. An den Leadgitarren, die die Lyrics einläuten, kann man sich nicht satthören. Der Refrain ist dabei Journey-typisch gespickt mit sich überladenden Background-Vocals. Die Explosion in der Mitte mit dominanten Gitarrenriffs lässt AOR- und speziell Journey-Fans in Extase kochen.

One More: Interessanter Stil. Nicht ganz das, was ich auf einer Journey-Platte suche. Gefällt.

When you love a woman: Durch und durch Journey. Steve Perry zeigt eindrucksvoll, warum er "The Voice" ist. Er versteht es, bei aller Theatralik der Kitschigkeit den Riegel vorzuschieben. Journey bekamen für diesen Song ihren ersten Grammy. Tolles Orchester, toller Song und ganz große Gefühle. Minute 2:40 ist der Wahnsinn. Hier besticht die Produktion durch Wucht und klaren Sound. Zugleich war diese Nummer eine recht erfolgreiche Singleauskopplung des Albums.

If he should break your heart: Ebenfalls im Midtempo angesiedelt und damit immer noch schneller als die meisten anderen Songs auf "Trial by fire". Gitarren, die in der Ewigkeit verhallen und ein über dem Klangteppich schwebender Steve Perry - toll.

Forever in blue: Die Instrumentalisierung dieses Albums hat es mir einfach angetan. Sehnsüchtig schwelgende Syntheziser-Klänge im Hintergrund, die sich mit wohligem Schauer im Refrain entladen. Klang Perry jemals besser? Der Song ist einer der besten von Journey. Und das ist sicherlich mehr als genug Lob.

Castles Burning: Der letzte große Rocker auf dem Album. Journey expermentieren erneut mit neuen Stilelementen - mehr als gelungen.

Don´t be down on my baby: Perry beherrscht dieses Album - die Symbiose aus Streichern, Perrys fulminanter Gesangsleistung und den Schon´s wohligen Einlagen an der Klampfe. Superlative hin oder her: Einfach grandios!

Still she cries: Die Produktion des Albums ist von einem anderen Stern. Einserseits vermittelt sie das Gefühl von Distanz, da Musik heute so einfach nicht mehr klingt und andererseits nimmt sie das Herz gefangen, da sie als symbolische und liebkosende Umarmung aller Genreliebhaber zu deuten ist und damit tief vertraut klingt. Melancholische Träumereien werden hier Tür und Tor geöffnet.

Colors of the spirit: Die Lyrics könnten etwas anbiedernd empfunden werden. Nichtsdestotrotz besticht der Song erneut durch seinen Refrain und die fabellose Produktion.

When I think you: Ein Stück zum Schmachten, zum Trauern, zum Kuscheln und zum Träumen. Erneut sorgt die orchestrale Untermalung für wohlige Gänsehaut. Ebenfalls einer meiner Favouriten des Albums.

Easy to fall: Es bleibt balladesk. Zugleich ist das auch der einzige Kritikpunkt, den ich verstehen kann - "Trial by fire" ist gespickt mit Balladen und hymnenschwangere Rocker alá "Don´t stop believin´" gibt es zu wenige. Aber was soll´s, wenn die gebotene Qualität derart bestechend ist, wie diese Nummer, die erneut vor Streichern strotz und mit einem chorgespickten Refrain eine emotionale Explosion lostritt.

Can´t Tame the Lion: Für mich der einzige Song, den ich nicht aufgrund des eher schwachen Refrains nicht ganz so gut finde. Ein wahrer Ausfall ist es nicht, aber das Album hat ansonsten einfach höherwertiges Material zu bieten.

It´s just the rain: Erneut ein Ausflug in melancholische Tagträumerei. Einfach schön.

Trial by fire: Man kann die Produktion und ihre Wirkung nicht adäquat beschreiben. Perry´s Stimme verhallt immer wieder und erzeugt dabei einen unglaublichen intensiven Klangteppich. Ein Titel für einsame Stunden.

Baby I am leaving you: Was diese Raggae-Nummer auf dem Album soll, weiß ich persönlich nicht. Sie wirkt wie ein Fremdkörper - und auch, dass sie auf der "Essential Journey" gelandet ist, bleibt mir ein Rätsel.

I can see it in your eyes: Tolle Rocknummer. Jedoch merkt man der Produktion hier an, dass es sich hierbei um Bonusmaterial handelt. Aber auch bzgl. Songqualität kommt dieser Titel einfach nicht an die anderen Stücke heran.

Fazit: Perry´s letzter großer Auftritt bei Journey ist ein Balladenfeuerwerk sondergleichen. Lediglich die Songs "One more", "Baby I am leaving you" und "I can see it in your eyes" fallen etwas ab. Der Rest ist einsame Spitze. Und so ist es schade, dass dieses Album niemals den Ruhm erntete, den es verdient hat. Wenn Journey eine Balladen-Best Of veröffentlichen würde, dann müsste sie "Trial by fire" heißen. Die Instrumentalisierung samt Orchester und der facettenreichen Produktion setzen dem Songwriting die Krone auf. Das Resultat ist ein Album für die Ewigkeit - für einsame Stunden - eine musikgewordene Streicheleinheit für die Seele und ein atemberaubendes Hörerlebnis. Selten hat das AOR-Genre bessere Balladen hervorgebracht und klanglich gibt es kaum Scheiben, die "Trial by fire" den Rang ablaufen könnte. Auch neben Platten wie "Escape" kann "Trial by fire" locker bestehen. Es ist ein aufwendiges, ein melacholisch Album - und ein traumhaft Schönes noch dazu.

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