Mittwoch, 28. Juli 2010

Lichtblick #8: H.e.a.t. - Freedom Rock




Die vorab veröffentlichten Titel "Beg Beg Beg" und "Shelter" ließen es vermuten: Die schwedische Melodicrock-Band H.e.a.t. liefert mit ihrem zweiten Album ein wahres Meisterwerk ab und übertrumpft sogar das grandiose Debütlalbum. Und so ist es umso bedauerlicher, dass Frontmann Kenny Leckremo die Band verlassen wird. Seine stimmliche Leistung ist mal wieder tadellos; ob balladesk oder aufs Gesicht: Kenny singt sich die Seele aus dem Leib. Auch die Produktion ist fabelhaft. Mal wieder wird in dem Album die 80er Jahre - Fahne geschwenkt und dennoch sind Gitarren und Schlagzeug wuchtig und knackig. Bevor man weiterliest: Wer EUROPE schon immer mochte und dem Melodicrock allgemein nicht abgeneigt ist, muss diese Scheibe besitzen; ohne wenn und aber.

We´re gonna make it to the end: Das Album steht mit einem traumhaften Opener. Der Song setzt sich sofort in den Gehörgängen fest. Und auch wenn die Lyrics viellicht nicht höchtes poetisches Niveau erreichen - Lust aufs Luftgitarre spielen bekommt man sofort.

Black night: Die Marschroute ist spätestens hier klar. Es geht zurück in die Vergangenheit. Dazu schnappte man sich EDGUY-Frontmann und Gründer Tobias Sammet und legt ein tolles Duett hin, das Fans wohlige Nostalgieschauer den Rücken herunterrennen lässt.

I can´t look the other way: Ein wahrer 80er-Kracher. Auch dieser Song hätte problemlos in Filmen wie Top Gun Platz gehabt. Grooviger Sound und eine tolle Klimax im letzten Drittel des Songs. Kenny singt überragend. Und dieses Schlagzeug...Wahnsinn. Der Song ist so sehr in den 80er verwurzelt - unfassbar.

Shelter: Wie eingangs erwähnt wurde dieser Song schon vorab veröffentlicht. Es geht ruhiger zu. Aber so, wie es jeder Melodicrock-Fan gerne hat, explodiert der Song in wenigen Sekunden und gipfelt in einem grandiosen (Hurra Superlativ!) Refrain mit mehrstufigen Backvocals. Klasse! Und auch hier zeigt Kenny wieder eindrucksvoll, welche Tonlagenbreite ihn auszeichnet (2:31).

Beg Beg Beg: Zeit fürs Cabrio. Ein perfekter Song für den Sommer. Eignete sich auch perfekt für den Autokorso nach den WM-Spielen. Die Lyrics überfordern sicher niemandem, dennoch ist diese Nummer ebenfalls unglaublich retro und macht deswegen besonders Spaß. H.e.a.t. pfeifen auf die derzeit vorherrschenden Musiktrends und fackeln 80er-Jahre Rock ab, bis der Reifen platzt.

Danger Road: Ebenfalls ein sehr treibender Song, der das Tempo nicht einmal ansatzweise herausnimmt. Jeder Melodicrocker frohlockt beim Mittelteil des Songs, der ebenfalls wieder alte liebgewonnene Stilelemente vergangener Zeiten zitiert. Auch hier kann man nur Superlative auspacken - es gibt auch hier keinen Ausfall. Geboten wird Melodicrock mit Gütesiegel.

Stay: Der Song dürfte H.e.a.t. Fans bekannt vorkommen, wurde er doch schon auf dem JAPAN-Release des Debutalbums veröffentlicht. Wie im Lichtblick zu H.e.a.t. ´s Debut heißt es auch hier: Macht einfach Spaß.

Everybody wants to be someone: Auf dem Debut gab es ebenfalls die zwei Killerballaden "Cry" und "Follow me" und auch Song Nummer 8 schlägt in die gleiche Kerbe, übertrifft jedoch beide Nummern problemlos. Tolles Keyboard, erneut mehrstufige Vocals und ein Refrain, der anfangs nicht ganz ausgespielt wird und dann in der Mitte des Songs wahrlich explodiert. Ganz großes Kino - wenn doch in den Charts ansatzweise eine solche Qualität vertreten wäre.

Nobody loves you (like I do): Das Niveau seiner Vorgänger kann dieser Song leider nicht halten. Er ist nicht schlecht, aber qualitativ ein kleiner Dämpfer.

I know what it takes: Eine wirklich schmalzige Nummer. Und das im positivsten Sinne, denn das Dauergrinsen wird man so schnell nicht los. Kenny schafft es perfekt, den Song zu performen, dass man ihn nicht allzu ernst nimmt und deswegen ungleich mehr Spaß hat.

Cast away: Ein Song, der ausnahmsweise mit einer Akustikgitarre beginnt, kann so schlecht ja nicht sein. Ist er auch nicht - eine schöne Mischung aus krachenden und leisen Passagen.

High on love: In einigen Reviews wird der Song gelobt - ich muss leider sagen, dass es mit Abstand H.e.a.t. ´s schlechteste Nummer ist. Schwacher Refrain ohne wahren Höhepunkt. Den lasse ich bei der Wertung einfach unberücksichtigt.

Who will stop the rain: Ein krönender Abschluss. Mal wieder eine Akustikgitarre und wuchtige Drums. Perfekter Ausklang mit tollen Hintergrundvocals und einer lobenswerten Abmischung.


Fazit: Ich habe es anfangs nicht glauben wollen, dass H.e.a.t. tatsächlich ein zweites Album hinlegen kann, das qualitativ an das Debut anschließen kann und trotzdem nicht wie eine Kopie wirkt. Aber die Befürchtungen waren völlig unbegründet. Freedom Rock ist meiner Ansicht noch stärker als das Erstlingswerk der Schweden. Man hört das Album in einem Rutsch ohne Langeweile durch, bricht regelmäßig in Begeisterungsstürme aus und spricht Dankgebete aus: Wunderbar, dass es Bands gibt, die auf gängige Trends pfeifen und kompromisslos vergangene Rockzeiten stilistisch wiederbeleben. Einzig wehmütig stimmt es mich, dass Kenny Leckremo und H.e.a.t. allem Anschein getrennte Wege gehen werden. Der Frontmann wird wohl kaum zu ersetzen sein. Seine Stimme ist derart klar und zeichnet sich durch Kraft sowie eine gewaltige Tonbandbreite aus, dass er damit die beiden Alben sehr veredelt hat. Aber schließlich ist das hier ein Lichtblick. Melodicrockfans sollten die Hoffnungen nicht aufgeben und sich bis auf weiteres ohne Zögern das Meisterwerk Freedom Rock zulegen. Am besten die LIMITED EDITION samt dem Erstling, falls man es noch nicht besitzt. H.e.a.t. haben bewiesen, dass man sie jetzt schon zu den großen Bands zählen darf und sie zurecht hoch gehandelte Geheimfavouriten neben den finnischen Brother Firetribe sind. Ich bin jetzt schon auf die MELODICROCK.com - Awards gespannt. H.e.a.t. dürfte mit Freedom Rock klarer Anwärter auf das Album des Jahres 2010 sein. Für mich hat es diese Auszeichnung jetzt schon sicher, wenngleich es weitere heiße Anwärter gibt (Shining Line, Serpentine - A touch of heaven).

Und jetzt nochmal ganz platt: Geile Scheibe, alter Schwede!