Dienstag, 20. November 2012

Neue ReReleases

Zwei neue ReReleases werben um die Gunst der Käufer.

Zum Einen wäre da die erstmals auf CD erschienene Platte von Adrenalin - Road of the Gypsy. Absolut hörenswert, wie der Titeltrack aus "Iron Eagle" schon verrät.



Zum Anderen wäre da der Silberling von Just If I - All the people, eine Zusammenarbeit von Loverboy-Frontmann Mike Leno und Journey-Legende Neal Schon. Die Wahnsinnsnummer After the storm macht da gewaltig Lust auf mehr.



Retrofans sollten mal reinhorchen!

Sonntag, 11. November 2012

Lichtblick #13: Jimi Jamison - Never too late

Jamison Fans mussten das letzte Jahr über nicht gerade traurig sein, kamen doch zuletzt in Kooperation  mit Bobby Kimball und Fred Zahl jeweils zwei gelungene Rockalben heraus. Zwar warten Survivor-Anhänger immer noch auf das nächste Studioalbum der 80er AOR-Formation seit der Reunion mit Jimi, aber mit Never too late schickt sich ein MelodicRock Album an, der Genrekracher des Jahres 2012 zu werden. Frontiers Records und Melodicrock.com schraubten die Erwartungen mit Samples und Versprechen der Superlative entsprechend in schwindelerregende Höhen. Doch ist das neue Werk von Jimi Jamison wirklich so gut oder lediglich ein generisches und maximal solides Scheibchen?

Never too late entstand in Zusammenarbeit mit Eclipse Frontmann Erik Martensson, der sich für die vorliegende Platte bezüglich Produktion, Mix und Mastering verantwortlich zeigte. Martensson ist Genrefans mittlerweile ein guter Begriff, veröffentlichte er zuletzt mit seiner Band nicht nur die außerordentlich gute Platte Bleed & Scream, sondern er wirkte auch auf der Kimball & Jamison (Kicking & Screaming), produzierte die Mercury`s Down von Toby Hitchcock und veröffentlichte unter anderem 2009 mit W.E.T. eines der besten Alben der letzten Jahre. Martenssons Mitwirken ist an der druckvollen Produktion, wummernden Drums und knackigen Riffs sofort erkennbar. Umso mehr dürfte man befürchten, dass Never too late ein generisch klingender Abklatsch geworden ist ohne direkte Jamison-Note. Bevor wir uns in kritischen Vorworten verlieren, wollen wir uns die Scheibe doch jetzt mal genauer anschauen.

Zuerst sei einmal das Cover zu erwähnen, dass ich sowohl farblich als auch stilistisch sehr gelungen finde. Aber seit Bat out of hell  habe ich ohnehin eine Schwäche für ausgebreitete Schwingen. Das Booklet weist selbstverständlich alle Lyrics der enthaltenden Songs auf, ist dabei zwar nicht gerade kreativ gestaltet und bietet lediglich ein paar Fotos von Jimi, aber wenn man mal ehrlich ist, geht es bei einem Album um die Titel selbst. Also Vorhang auf für die Trackliste.

1.) Everybody`s got a broken heart:
Ein Opener soll ja gewöhnlicherweise langsam auf die Platte vorbereiten und wer High Fidelity gesehen/gelesen hat, der weiß auch, dass Track Nummer 1 sicherstellen soll, dass der Hörer seine Aufmerksamkeit zunächst der Scheibe widmet und sein Interesse gesteigert wird. Nach kurzem Piano-Ausflug geht es ziemlich flott zur Sache. Einerseits ist der Titel mit 3:38 Minuten recht kurz, aber andererseits lassen Martensson, Henriksson und Persson  hier ohnehin nichts anbrennen. Nach einer Minute braust einer der für mich besten Refrains seit Jahren am Höhrer vorbei. Wer sich zum Genuss auf das Sofa gesetzt hat, um sich genüsslich der neuen CD zu widmen, wird hier bereits aufgestanden sein. Befinden sich MelodicRock Fans hier ohnehin schnell in Ekstase, explodiert dieser Opener bei 2:46 vollends und hinterlässt das wohlige Gefühl der Befriedigung, dass Rockmusik nicht totzukriegen ist. Wahnsinns-Song - als Opener vielleicht eine spur zu schnell bei der Sache, aber dieser Refrain wird sich wochenlang - ja vielleicht jahrzehntelang - nicht abnutzen!

2.) The great unknown:
High Fidelity Weisheit Nr. 2: Bei einem guten Sampler muss der zweite Song die Begeisterung noch weiter anfachen, aber das Pulver darf nicht verschossen werden. Kann The Great Unknown diese Forderung erüllen? Ja, er kann - und wie. Eine Atempause wird dem Zuhörer erst gar nicht gestattet. Jamison ist mit Elan und Freude bei der Sache, was schon in den Strophen zu erkennen ist. Die schrammelnden Gitarren schüren die Vorfreude auf Großes, was da wohl noch kommen mag. Nach dem Prechorus entlädt sich auf den MelodicRock-Fan ein weiterer Refrain der Superlative. Freunde hymnenschwangerer Rockmusik kommen hier voll auf ihre Kosten! Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wahnsinn!

3.) Never too late:
High Fidelity Weisheit Nr. 3: Nach dem zweiten Titel das Ganze herunterkühlen! Never too late nimmt das Tempo tatsächlich ein wenig heraus, aber dieser Midtempo-Rocker macht genauso viel Spaß wie seine Vorgänger. Auch hier stimmt alles: Instrumentalisierung, Gesang, Produktion - der Refrain wird beim zweiten Mal definitiv mitgesungen! Versprochen!

4.) I can`t turn back:
Willkommen in den 80ern. Die anfängliche Stimmung vermittelt einem tatsächlich das Gefühl zu vergangenen Zeiten aufzubrechen. Der Refrain bricht erneut mit voller Wucht auf den Zuhörer ein. Eine waschechte Ballade haben wir auch nach vier Titeln noch nicht gehört. 

5.) Street Survivor:
American Heartbeat? Half-Life von Caught in the game? Keine Frage. Jetzt sind sie spätestens dran - all die Survivor-Fans, die auf neues stiltreues Album ihrer ehemaligen AOR-Götter warten. Street Survivor sprüht vor Energie und Charme. Martensson & Persson haben hier Jimi den perfekten 80er Revival Song auf den Leib geschrieben. Waren die vorherigen Songs schon absolute Granaten ist Street Survivor ein Monster von einem Melodic-Rocksong. Besser und kompromissloser geht es nicht.

6.) The Air that I breathe:
Wer auf MelodicRock steht, weiß auch, dass er um Balladen nicht herum kommt. Mit The Air that I breathe ist nun nach der Hälfte des Albums die erste ruhige Nummer erreicht. Ich könnte es verstehen, wenn   Fans ein wenig die Nase rümpfen, denn ganz kitschfrei ist dieser Titel sicher nicht. Mir gefällt er trotzdem, wenngleich er für mich ein schwächerer Titel auf Never too late darstellt. Jamisons Stimme hört man dennoch gerne zu. Der Temposprung von Street Survivor auf The Air that I breathe ist zudem gewöhnungsbedürftig.

7.) Not Tonight:
Not Tonight hat mir in den Samples schon unglaublich gut gefallen. Für Midtempo-Nummern habe ich sowieso eine Schwäche. Auf Never too late konnte man bisher keinen Refrain antizipieren. Und gerade Not Tonight brennt ein Mitsing-Feuerwerk allererster Güte ab. Fantastisch. Wer nicht vorher schon blank gezogen hat - hier ist es allerspätestens soweit.

8.) Calling the game:
Der klassische Einstieg in den Song gefällt mir außerordentlich gut. Typisch-guter Jamison Song mit einem zweigeteiliten Refrain, der einfach Spaß macht. Die Background-Vocals veredeln den Titel zusätzlich. Es wird keinen MelodicRock-Fan geben, dem dieser Titel nicht sofort zusagt.

9.) Bullet in the gun:
Jamisons Stimme gefällt mir hier unglaublich gut. Auch sonst besticht dieser Titel mit einem tollen Refrain.

10.) Heaven call your name:
Er beherrscht sie einfach - die Balladen. Heaven call your name ist im Gegensatz zu Nr. 6 auch glücklicherweise kitschfrei. Jamisons Stimme passt auch hier perfekt zur Stimmung des Songs. Die Komposition ist ein Lehrstück, wie Balladen seien sollten. Melancholischer Beginn, dramatisches Finale und sentimentales Outro. Großes Kino für die Ohren!

11.) Walk On (Wildest Dreams):
Die letzte Nummer trägt noch einmal ganz klar die Handschrift von Erik Martensson, was allein schon am Riff zu Beginn deutlich wird. Eine Nummer zum Mitsingen beendet diese grandiose Scheibe - auch hier gefällt mir besonders das Outro, so dass das Album angenehm rund beendet wird.


Fazit:
Für mich war das Jahr 2012 nicht so gelungen, wie noch 2011. Natürlich hat es bisher einige gute Scheiben gegeben, die gute Nummern zu bieten hatten und mit der neuen VEGA kommt noch ein weiteres vielversprechendes Album in die Läden, aber insgesamt ist man doch über viele generisch klingende Platten gestolpert, die wenige Überraschungen zu bieten hatten. 
Als großer Jimi Jamison- und Survivor-Fan habe ich mich daher sehr auf die Veröffentlichung von Never too late gefreut und hatte aufgrund der veröffentlichten Samples eine sehr hohe Erwartungshaltung. 
Für mich ist kurz gesagt der vorliegende Silberling ein tolles Erlebnis! Die Produktion ist wuchtig, die Refrains  sind erfrischend, überraschend und von grandioser Qualität. In diesem Jahr gab es für mich nicht viele Titel, bei denen die Lust aufs Luftgitarre-Spielen geweckt worden wäre. Never too late schafft es, den MelodicRock-Fan mit tollen Nummern zu verwöhnen. Jamison klingt frisch wie zu Survivor-Zeiten. Nicht zuletzt empfinde ich Never too late als Jimis stärkste Veröffentlichung der letzten Zeit, was angesichts seiner sehr gelungenen Discographie besonders bemerkenswert ist. Insgesamt ist diese Scheibe für mich sogar noch stärker als Crossroads Moment - sie ist direkter, druckvoller produziert und besticht durch Refrains jenseits der Vorstellungskraft - genauso muss eine MelodicRock Scheibe 2012 klingen - eine Versöhnung meinerseits  mit dem Rockjahr 2012. Jetzt fragt man sich nur, wann denn das neue Album von Survivor herauskommt. Das wird sich allerdings mit Never too late messen lassen müssen - keine leichte Konkurrenz!