Montag, 18. März 2013

Lichtblick #14: VEGA - What the hell!



Fans des Genres kümmert es eigentlich nicht wirklich - aber geht man mal objektiv an die Sache heran, muss man unweigerlich konstatieren, dass im Melodicrock- bzw. AOR-Sektor viele Veröffentlichungen sich so sehr an den 80ern orientieren, dass sie altbacken und abgestanden klingen.

Wie gesagt- Fans kümmert es nicht. Gerade das suchen sie. Aber genau das ist der Grund, warum Bands wie Wild Rose (bei allem Respekt) in der breiten Masse keinen Erfolg haben können. Aber wollen vielleicht wollen sie das auch gar nicht...

Die britische Band VEGA geht anders zu Werke - mit frischem Sound versuchen sie, klassischen MelodicRock zeitlich aktuell zu servieren. 2009 gegründet veröffentlichten Nick Workman, Dan Chantrey, Tom und James Martin 2010 ihr Debüt Kiss of life, das sprichwörtlich in letzter Sekunde noch einmal für Begeisterungsstürme sorgen konnte. VEGA stehen mit ihrem eigenen Stil für sich und grenzen sich angenehm von anderen Bands ab. Da Kiss of life durch sensationelle Titel wie nicht zuletzt Into the wild, Kiss of life und One of a kind bestach, waren die Erwartungen demzufolge für ihre zweite Scheibe What the hell! - zumindest meinerseits - gewaltig. Würde die Band einen Stilwechsel versuchen? Können Sie die Songwritingqualitäten halten oder sogar noch steigern?

Auffällig ist zuallererst, dass What the hell! mit 14 Titeln sehr vollgepackt ist. Desweiteren fällt auf, dass der zweite Silberling nicht mehr bei Frontiers Records erscheint, sondern bei Spinefarm Records. Warum das erwähnenswert ist? So sehr ich auch das Engagement von Frontiers schätze, sind manche Produktion (die letzte Jamison klingt super!) stellenweise so schwach abgemischt, dass das Hörvergnügen auf der Strecke bleibt.

Kommen wir aber zum entscheidenden - den Songs selbst...

White-Knuckle Ride wurde im Vorfeld als Single veröffentlicht. Ein guter Opener, der die Vorfreude weiter schürt. Hey-hey-hey...auch fällt sofort auf, dass die Drums wuchtiger aus den Boxen dröhnen.

What the hell! knüpft nahtlos an den Opener an. Extrem cooler Track, den die Band selbst als Aushängeschild beschreibt, stilistisch ihren eigenen Kurs zu fahren. Der prechorus lässt den Hörer zum ersten Mal auf die Knie fallen. Erneut ein Hoch auf die Produktion - What the hell! klingt tatsächlich noch besser als Kiss of life.

Not there for you stellt den Brückenschlag zu Kiss of life dar - hier spielen VEGA und vor allem Nick Workman ihre Stärke voll aus - der Refrain ist ein echter Kracher. Auch der Text nimmt gekonnt die Powerballaden der 80er auf die Schippe - I just wanna live now, won`t die for you tonight...grandioser Song!

Cry...du meine Güte. Die vorherigen Songs waren ja schon super, aber diese Nummer schlägt alles bisher Gehörte von VEGA. Charmante Strophen und ein explodierender Refrain, in dem Nick zeigt, was für ein grandioser Sänger er ist. Die Band sollte zügig diesen Titel als Single auskoppeln. Cry ist nicht nur der beste Song auf What the hell!, sondern einer der sympatischsten und charmantesten (trotz des Themas des Songs) Rocknummern der letzten Jahre. Cry wischt mit den aktuellen Charts problemlos den Boden. Song of the year 2013!

Raise ya game: Es konnte nicht auf diesem Niveau weitergehen. Aber leider ist hier nicht nur ein Rückschritt zu verzeichnen - Raise ya game funktioniert nur für mich leider gar nicht. SKIP!

Fade into the flames schlägt sehr ruhige Töne an. Das Niveau der ersten Songs kann auch er nicht halten - trotzdem weiß die Stimmung zu gefallen.

Bei You can`t run zieht das Album wieder an. Cooler prechorus und ein gelungener Refrain.

Bless your soul gefällt mir ebenfalls ausgesprochen gut. Schade nur, dass sie aus dem Schluss nicht mehr machen.

She walks alone dürfte ebenfalls als Anwärter für den Song des Jahres 2013 keine großen Probleme haben. Der Refrain ist mal wieder VEGA at their best. Nick stellt erneut eindrucksvoll unter Beweis, dass er genug Wucht in die Stimme legen kann, um auch gegen die fantastischen background vocals zu bestehen. Auch die Produktion lässt es ordentlich krachen. Top Song!

Turn it on ist typisch VEGA. Knackig und gut, wenn auch nicht so überstrahlend genial wie Cry oder She walks alone.

Saviour ist perfekt für das Cabrio und spätsommerliche Autofahrten, um uns mal wieder den genretypischen Gehirnspinsten zu widmen. Saviour ist ein weiteres Highlight eines an Höhepunkten ohnehin nicht mangelnden Albums. Wenn die hämmernden Drums gegen Ende kräftig die Anlage zum Beben bringen, lacht das Rockerherz.

Noch einmal wird das Tempo herausgenommen. It`s gonna be alright ist schlichtweg eines angenehmes Hörvergnügen. Man achte mal auf die spärlich eingesetzten backroudn vocals in den Strophen. Zum Niederknien!

Hand in the air setzt den Schlusspunkt. Ein letztes Mal will es die Band es wissen und scheucht in diesem Finale knarrige Riffs und einen fantastischen Refrain in Richtung Zuschauer. Ab Minute 3:00 stapeln sich schließlich der grandiose Gesang, die heulenden Gitarren und das wummernde Schlagzeug übereinander, dass es eine Freude ist. Ein wahrlich toller Abschluss!

Fazit:
Das zweite Album von VEGA hat es bei mir sicher nicht so leicht gehabt. Meine Erwartungshaltung war gewaltig, ist doch Kiss of life schon jetzt für mich ein moderner Klassiker, der in jede Sammlung gehört. What the hell! ist einerseits kein perfektes Album - dafür hat es mit Raise ya game für mich einen Totalausfall an Bord und nach der grandiosen ersten Hälfte ist der Mittelteil ein wenig schwach geraten, bis es Richtung Ende konsequent genial wird. Aber das wohlgemerkt ist Meckern auf hohem Niveau, ja sogar auf sehr hohem Niveau. Die Produktion ist super, das Album ordentlich lang, so dass man auch Ausfälle anders bewerten darf, als wenn es ohnehin nur 9 Nummern auf einer CD gibt. Mit Not there for you, Cry, She walks alone, Saviour und Hands in the air sind allein fünf Titel auf dem Album vertreten, die in jeder Hinsicht atemberaubend sind und zum Besten gehören, was das Genre in den letzten Jahren zu bieten hatte. Die restlichen Songs sind gut bis sehr gut, so dass das Urteil nur lauten kann: Kaufen! VEGA-Fans müssen ohnehin zugreifen, da What the hell! meiner Ansicht nach noch stärker geraten ist als Kiss of life. Der zweite Silberling klingt frisch, belebend und überzeugt durch gutes bis überragendes Songwriting. So soll ein Melodicrock-Album 2013 klingen. Dagegen - und dafür mögen mich manche hart abstrafen - klingt die neue Scheibe von W.E.T. viel zu traditionell, verhalten und angestaubt, was angesichts der dort dennoch gebotenen Qualität mehr Jubelgesang auf What the hell! gar nicht darstellen kann.

Die Jungs von VEGA haben sich mit einem erstklassigen Album zurückgemeldet ohne sich selbst zu kopieren. Unbedingt kaufen! Ich ziehe derweil mein Hemd wieder an und höre von vorn...was für ein Genuss!



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